Eine zentrale Aussage des Altdorfer Siedlungsleitbilds ist, dass das historische Ortsbild im Zentrum von Altdorf erhalten bleiben soll. Weshalb ist Denkmalschutz in diesem Zusammenhang wichtig? Ein Interview mit dem Denkmalpfleger Thomas Brunner.
Wieso sieht Altdorf heute so aus, wie es aussieht, Herr Brunner?
«Das aktuelle Ortsbild hat sich über Jahrhunderte entwickelt. Speziell an Altdorf ist, dass sich der Gemeinderat schon vor zwanzig, dreissig Jahren bewusst war, dass er dem Ortsbild Sorge tragen will. Es gibt alte, historische Gebäude, die erhalten werden sollen. Es gibt aber auch moderne Objekte, die für das Ortsbild wertvoll sind und ebenfalls bestehen bleiben sollen. Wichtig ist in der Ortsplanung zu verstehen, dass auch Freiräume – Gassen, Wiesen oder Bäume – den Charakter eines Orts bestimmen. Im Zeitalter der Verdichtung drohen diese Freiräume verloren zu gehen. Deshalb ist es notwendig, dazu Sorge zu tragen.»
Was macht architektonisch den Charakter von Altdorf aus?
«Highlights sind sicher der Pfarrbezirk, das Türmli und das Rathaus oder das Lehn. Sie sind im Laufe der Siedlungsentwicklung zusammengewachsen. Aus der Perspektive der Denkmalpflege macht es daher Sinn, diese historischen Räume zu stärken und zu erhalten. Das heisst aber nicht, dass daraus ein Museum werden soll. Es gilt einfach, gewisse Rahmenbedingungen einzuhalten. In den Ferien besuchen Sie ja auch nicht Wohnsiedlungsgebiete oder Industrieareale, sondern die historischen Örtlichkeiten. Dort finden Sie ein Spektrum von prächtigen Kirchen bis zu unscheinbaren Häusern vor, die aber in ihrem historischen Kontext ein Gewicht erhalten und deshalb reizvoll sind. Ortsbildschutz schafft auch einen touristischen Mehrwert, wovon letztlich die Allgemeinheit profitiert. Eine andere Aussage im Siedlungsleitbild ist, dass der Raum beim Bahnhof stärker entwickelt werden soll. Dort gibt es mehr Freiheiten. Und das ist durchaus sinnvoll.»
Wie können wir den historischen Ortskern bewahren?
«Der Denkmalschutz arbeitet mit Rahmenbedingungen: Welches Ziel wollen wir in dieser Zone erreichen? Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) definiert gewisse Schutzziele, damit das gewachsene Bild erhalten und störende Eingriffe verhindert werden können. Das bedeutet aber nicht, dass keine Entwicklung möglich ist. Das ISOS bildet eine gute Grundlage hierfür. Wir versuchen daher, die Zwischenräume aufzuwerten, wie es im Zentrum von Altdorf angedacht ist. Schauen Sie historische Bilder vom Dorfkern an. Haus und Strasse gehören zusammen. Das hat sich mit dem motorisierten Verkehr stark verändert. Jetzt will Altdorf wieder dorthin gelangen: Die Trottoirs sollen weg, der Verkehr reduziert werden.»
Aktuell wird das kantonale Schutzinventar überarbeitet, auch Altdorf hat seine Schutzobjekte analysiert.
«Das Schutzinventar definiert, welche Gebäude erhaltens- und schützenswert sind. Wir schauen dann, was den speziellen Charakter eines solchen Objekts ausmacht. Sind alle Komponenten betroffen? Oder nur Teile davon? Es ist ein schmaler Grat zwischen Bewahren und Ermöglichen. Diese Objekte sind Teil unserer Geschichte und Identität. Die alten Herrenhäuser, die kirchlichen Bauten, aber auch die vermeintlichen unbedeutenderen Bauten sind Zeugen der alten politischen und wirtschaftlichen Ordnung. Im Umgang mit diesen Bauten steht immer das Gespräch mit den Eigentümerinnen und Eigentürmern im Zentrum. Oftmals bestehen Unsicherheiten, welche Veränderungen noch möglich sind. Hier hilft Information und Austausch. Die unterschiedlichen Interessen müssen wahrgenommen und gemeinsame Lösungen gesucht werden. Entgegen der verbreiteten Meinung gelingt dies in den allermeisten Fällen.»
Wie kann sich Altdorf aus Ihrer Sicht in Zukunft entwickeln?
«Altdorf ist schön und hat Qualitäten. Meine Empfehlung: Das Bestehende wieder schätzen lernen und mit Respekt erneuern und ergänzen. Wir haben Kultur und Geschichte, die soll man auch sehen und zeigen. Als Kantonshauptort darf Altdorf seine Zentrumsfunktion repräsentieren und wahrnehmen.»
Das neue Siedlungsleitbild ist beschlossen. Dieses setzt die Leitplanken für die raumplanerische Entwicklung der nächsten 15 Jahre. Weitere Informationen: www.altdorf.ch/ortsplanung. |
Dieser Artikel ist im Altdorfer Adler, Ausgabe 3/2025 erschienen:
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